Wen interessiert’s? – Wie Interesse das Lernen beeinflusst

„Oh, das ist
interessant!“, ist oft der letzte Satz, den man denkt, bevor man sich in ein
Thema vertieft und gar nicht bemerkt, wie die Zeit vergeht. Aber kann man
Interesse bei Lernern erzeugen oder ist es einfach da?



[Anmerkung zum Text: Ich rede im Text von „Lernern“ und „Lehrern“, gemeint sind damit grundsätzlich alle Geschlechter. Außerdem beziehen sich diese Bezeichnungen nicht nur auf Personen in der Schule, sondern beispielsweise auch auf die Ausbildung und auf alle weiteren Lernumfelder.]

Was ist Interesse?

Wissenschaftlich ausgedrückt ist Interesse eine
motivationale Tendenz mit Gegenstandsbezug. Etwas anschaulicher lässt sich
Interesse jedoch am Beispiel eines Hobbys erklären, dem man schon länger nachgeht.
Interesse am Hobby hängt mit Motivation zusammen. Man ist motiviert, das Hobby
zu betreiben und Zeit zu investieren. Darüber hinaus bezieht sich das Hobby
meist auf einen Gegenstand oder eine bestimmte Tätigkeit, der man gern
nachgeht. Das Interesse für ein Hobby zeigt sich dabei auf drei Ebenen:

  • Emotional:
    Während man seinem Hobby nachgeht, erlebt man positive Gefühle. Das Hobby hat
    sozusagen einen emotionalen Wert für einen.
  • Kognitiv:
    Auf der kognitiven Ebene entwickelt man eine hohe Wertschätzung für das eigene
    Hobby. Das Hobby und seine Ausführung bedeuten einem etwas und sind einem
    wichtig.
  • Epistemischen
    Orientierung:
    Man ist bestrebt, sein Wissen oder Fähigkeiten in Bezug auf
    das Hobby zu erweitern und belegt Kurse oder liest Bücher zum Thema.

Zwei Arten von
Interesse

Personales oder auch individuelles Interesse ist ein dauerhaftes Interesse, wie beispielsweise ein Hobby. Es ist oft intrinsisch motiviert, was bedeutet, dass man sich aus eigenem Antrieb gern mit einem Thema beschäftigt, ohne dass man dafür eine Belohnung, Anerkennung oder Geld erhalten würde. Diese Art von Interesse kann auch der Grund für eine Berufswahl, ein Studium oder das Belegen von Kursen sein.
Auch für das Lernen ist diese Form von Interesse besonders günstig, da die Lerner bei Interesse an einem Thema häufiger tiefenorientierte Lernstrategien einsetzen. Diese führen dann zu längerfristigem Abspeichern des Lernstoffs. Daraus kann sich eine positive Spirale für die Lerner entwickeln: Interesse führt zum Einsatz guter Lernstrategien und Beschäftigung mit dem Thema. Dieses Verhalten schlägt sich oft in guten Schulleistungen nieder, welche dann wiederum das Interesse weiter verstärken oder stabilisieren.

Situationales
Interesse
ist zeitlich begrenzt. Dabei wird die Aufmerksamkeit der Lerner durch
äußere Umstände (z.B. Vortrag, Unterrichtseinstieg, Experiment) auf ein Thema
oder einen Gegenstand gelenkt. Diese Art von Interesse ist auch eng mit dem
Begriff Neugier verbunden. Entscheidend ist dabei, ob die Situation etwas Neues,
Faszinierendes oder gar Überraschendes beinhaltet. Das situationale Interesse
der Lerner kann sogar zu intrinsischer Motivation für ein Thema führen. Somit
kann sich aus dem zeitlich begrenzten situationalen Interesse von Lernern auch
dauerhaftes personales Interesse entwickeln.

Wie kann man
Interesse bei Lernern erzeugen?

Fast alle Lerner bringen schon personales Interesse mit (das
wird oft vergessen). Um das vorhandene Interesse für das Lernen zu nutzen, kann
der Lehrer dieses erfragen und in den Lernprozess einbeziehen. Da jedoch für
dieses Vorgehen in Lerngruppen oft nur wenig Zeit ist, steht das situationale
Interesse meist im Vordergrund. Es lohnt sich als Lehrer das situationale
Interesse der Lerner zu fördern, da vom Interesse abhängt, wie der Lerner neue
Informationen verarbeitet und was er lernt.

Was können Lehrer also tun, um situationales Interesse (und
somit auch Motivation) bei den Lernern auszulösen? Der Lehrer kann…

  • eine authentische Lern-Situation schaffen.
  • vertraute und neue Informationen gut mischen.
  • einen Bezug zwischen Lerninhalt und
    Erfahrungswelt der Lerner schaffen.
  • eine Spannungssituation schaffen oder für einen
    Überraschungsmoment sorgen, um die Aufmerksamkeit der Lerner auf das Thema zu
    lenken.
  • Originaldokumente mit interessanten Inhalten
    oder Einzelheiten einsetzen.
  • szenische Einstiege, Humor, persönliche
    Erlebnisse oder Anekdoten (Storytelling) einbeziehen.
  • Aufgaben und Fragen mit einem hohen kognitiven Aktivierungspotential
    (= Anregung zum tieferen Verständnis und Nachdenken) einsetzen.

Es ist wichtig,
nicht nur kurz das Interesse zu Beginn einer Lerneinheit bei den Lernern zu
wecken, sondern auch danach noch Hilfestellungen und Unterstützung anzubieten. Denn
so kann beim Lerner nicht nur kurzzeitig Interesse geweckt werden, sondern auch
Kompetenzerleben und Erfolgserlebnisse bei den Lernern folgen. Diese stärken
dann wiederum das Interesse.

Mein Kommentar:

Wenn man mit einem Wissensgebiet
schon länger vertraut ist, weil man es gelernt oder studiert hat, vergisst man
manchmal, warum man sich für dieses Thema interessiert. Für andere  ist es jedoch vielleicht gar nicht so klar,
warum dieses Wissen nützlich ist und wo man dieses im Alltag anwenden kann. Um
sich diesen Gründen wieder bewusst zu werden, kann man…

  • Gespräche
    mit Kollegen oder Freunden führen, die in anderen Fachgebieten tätig sind.
  • zurückdenken,
    was einen selbst motiviert hat, sich mit dem Thema näher zu beschäftigen
    (Schlüssel-Momente oder -Erlebnisse).
  • Lerner
    aufschreiben lassen, welche Fragen sie an dieses Wissensgebiet haben.
  • Artikel
    und Videos suchen, um dort interessante Details und Einstiege ins Thema zu
    finden.
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Quellen:  

Gold, A. (2015). Guter Unterricht. Was wir
wirklich darüber wissen
. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Götz, T.
(Hrsg.). (2017). Emotion, Motivation und selbstreguliertes Lernen (UTB,
3481. Pädagogische Psychologie. Schulpädagogik StandardWissen Lehramt, 2.,
aktualisierte Auflage). Paderborn: Ferdinand Schöningh.

Hoy, A. W. & Schönpflug, U. (2008). Pädagogische
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(PS-Psychologie Always learning, 10., bearb. Aufl. / bearb. und
übers. von Ute Schönpflug). München: Pearson Studium.

Mietzel, G. (2017). Pädagogische
Psychologie des Lernens und Lehrens
(9., aktualisierte und erweiterte
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Wild, E.
& Möller, J. (Heidelberg : Imprint: Springer, 2015). Pädagogische
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(Springer-Lehrbuch, 2. Aufl. 2015.
vollst. überarb. u. aktualisierte). Berlin, Heidelberg: Imprint: Springer.