Lernvideos sind dank verschiedener Internetplattformen sehr beliebt. Sie bieten eine gute Möglichkeit, Lerninhalte kompakt zu präsentieren. Doch was muss man beachten, wenn man Videos als Lernunterstützung einsetzen möchte?
[Anmerkung zum Text: Ich rede im Text von „Lernern“ und „Lehrern“, gemeint sind damit grundsätzlich alle Geschlechter. Außerdem beziehen sich diese Bezeichnungen nicht nur auf Personen in der Schule, sondern beispielsweise auch auf die Ausbildung und auf alle weiteren Lernumfelder.]
Hier geht’s zum ersten Teil: Medieneinsatz beim Lernen 1 – Gestaltungsprinzipien für Text und Bild
Genauso wie Texte und Bilder werden auch Filme, Videos und Animationen schon seit Jahrzehnten im Unterricht eingesetzt. Neu ist allerdings, dass nun nicht mehr die ganze Lerngruppe auf einen Bildschirm guckt, sondern Lerner mit eigenen Endgeräten (z.B. Tablets) die Videos selbst steuern können.
Videos und Animationen
Videos und Animationen haben im Gegensatz zu Bildern und Texten die Besonderheit, dass die gezeigten Informationen flüchtig sind und nur kurz gezeigt werden. Das bedeutet, dass Lerner meist nicht die Möglichkeit haben, den gesamten Bildschirm in Ruhe zu betrachten, wenn sie das Video nicht selbst steuern können. Meist wird den Lernern eine große Anzahl von Informationen gleichzeitig präsentiert – sowohl visuell als auch auditiv. Trotz all der Anforderungen an die Lerner eignen sich Filme, Videos und Animationen jedoch besonders gut, um zeitliche Veränderungen dynamisch darzustellen.
Gestaltungsprinzipien
Wie auch bei der Gestaltung von Texten und Bildern gibt es auch für Animationen und Videos Gestaltungsprinzipien, die die Informationsaufnahme verbessern können:
Signaling bzw. Cueing: Aufmerksamkeit der Lerner steuern
Lenkt man die Aufmerksamkeit der Lerner auf den relevanten Bildausschnitt im Video, ist dies hilfreich, da die gezeigte Information (unter Umständen) schnell wieder verschwindet.
Pretraining Prinzip
Da Lerner in einem Video die einzelnen Bilder nicht so lange betrachten können, wie sie möchten (wenn sie es nicht selbst steuern), ist es sinnvoll, erst einmal mit einzelnen Bildern zu beginnen. Beispielsweise können zuerst einzelne Elemente in Bildern gezeigt und deren Zusammenwirken dann später in einem Video präsentiert werden.
Segmentierungsprinzip
Anstatt Lernern ein langes Lernvideo zu zeigen und sie mit den darin enthaltenen Informationen zu überfordern, ist es sinnvoller, das Video in verschiedene Abschnitte zu unterteilen. Diese Video-Abschnitte sollten die Lerner dann idealerweise auch selbst starten können. Wenn Videos in inhaltlich sinnvolle Abschnitte unterteilt werden, tragen diese auch zur Strukturierung des Lerninhalts bei.
Interaktivitätsprinzip
Beim Interaktivitätsprinzip steuern Lerner ihre Lernvideos selbstständig. Die Steuerung sollte jedoch über das Starten und Stoppen des Videos mit der Pausetaste hinausgehen. Lerner sollten darüber hinaus wissen, wie sie Videos zurück- und vorspulen und die Wiedergabegeschwindigkeit verändern können. Vielleicht ist sogar die Wiedergabe von Einzelbildern oder die Auswahl einzelner Elemente möglich.
Die Steuerung des Videos bedeutet jedoch gleichzeitig eine höhere Belastung für das Arbeitsgedächtnis der Lerner. Sie müssen dann nicht mehr nur die Lerninhalte verarbeiten, sondern auch das Video wie gewünscht steuern. Darüber hinaus müssen sich die Lerner auch metakognitiv überwachen, wenn sie das Video ansehen. Das bedeutet, sie müssen selbstständig feststellen, welche Abschnitte sie beispielsweise noch einmal oder langsamer ansehen möchten.
Auch bei den hier aufgeführten Gestaltungsprinzipien sollte man das Vorwissen und die Fähigkeiten der Lerner beachten. Die Prinzipien sind für Lernanfänger lernförderlich, können aber für fortgeschrittene Lerner lernhinderlich sein (Prinzip der Effektumkehrung bei hohem Vorwissen).
Mein Kommentar
Videos sind eine tolle Sache, um etwas Neues zu lernen – egal, ob formell oder informell. Das Angebot im Internet ist groß und es gibt wirklich hilfreiche Videos. Als Lerner sollte man also wissen, wonach man sucht (schließlich wird einem so viel angeboten) und was ein gutes Video ausmacht. Möglicherweise ist es sogar nützlich, sich den gleichen Sachverhalt von verschiedenen Personen erklären zu lassen. Doch sollten Lerner bei Videos nicht in die Falle tappen und denken: „Ach, das war alles logisch im Video, ich hab alles verstanden. Lernen beendet!“ Etwas in einem Video zu verstehen oder nachvollziehen zu können und es wirklich gelernt zu haben (das bedeutet, es ohne Hilfe richtig wiederzugeben, zu erklären oder sogar auf neue Sachverhalte zu übertragen), sind unterschiedliche Schritte im Lernprozess. Somit sind Videos wunderbare Unterstützer beim Lernen, nur lernen muss man leider immer noch selber.
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Quellen
Mengelkamp, C. & Baadte, C. (2018). Einsatz von Medien im Schulunterricht. In I. C. Vogel (Hrsg.), Kommunikation in der Schule (UTB, 3649. Schulpädagogik, 2., aktualisierte Auflage, S. 136–160). Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
Merkt, M. & Schwan, S. (2020). Lernen mit Bewegtbildern: Videos und Animationen. In H. Niegemann & A. Weinberger (Hrsg.), Handbuch Bildungstechnologie (S. 333–342). Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-54368-9_32